Weltneuheit: Deutsche Forscher entwickeln Kontaktlinse für das Trommelfell
- Hörkontaktlinse ist geeignet für 85 Prozent aller Schwerhörigen
- Das Hörgerät wird auf dem Trommelfell positioniert und ist von außen nicht sichtbar
- VDE rechnet 2021 mit Markteintritt in Deutschland
- Mit Mikrosystemtechnik zum Hörgerät der Zukunft
Schwerhörigkeit ist ein weltweit verbreitetes medizinisches Problem. Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Betroffenen: Mit 70 Jahren ist jeder Dritte durch einen Hörverlust von mindestens 35 Dezibel eingeschränkt. Deutschen Forschern ist es jetzt gelungen, ein Hörgerät der neuesten Generation zu entwickeln. „Die Hörkontaktlinse ist eine Weltneuheit. Anstelle eines Lautsprechers sitzt ein unsichtbarer Mikro-Aktuator mit wiederaufladbarem Akku direkt auf dem Trommelfell des Trägers“, erklärt der ehrenamtliche Experte im VDE Prof. Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Klaus-Dieter Lang, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM. Hans-Dieter Borowsky, Geschäftsführer von auric Hörsysteme, die die Projektkoordination übernommen hatte, ergänzt: Wir gehen davon aus, dass mit der Hörkontaktlinse ein zentrales Problem Hörgeschädigter gelöst werden kann: Die Verbesserung des Sprachverstehens – in Ruhe und beim Vorliegen von Umgebungsgeräuschen.“ Das Hörgerät der Zukunft ist jetzt im Rahmen des VDE/BMBF-MikroSystemTechnik-Kongresses in Berlin vorgestellt worden.
Kein Batteriewechsel erforderlich
Die Hörkontaktlinse ist geeignet für Menschen mit leichtem bis mittlerem Hörverlust (ca. 85 Prozent aller Schwerhörigen). Traditionelle Hörgeräte haben oft mit dem schlechten Übertragungsverhalten der Luftsäule im Gehörgang zu kämpfen, wodurch Rückkopplungs- und Verzerrungseffekte entstehen. Bei der Hörkontaktlinse dagegen werden Mikrofon, Klangprozessor und aufladbare Mikrobatterie direkt integriert. Das Hörgerät bleibt immer im Ohr, es ist kein Batteriewechsel erforderlich.
Neuer Schallwandel sorgt für besseres Hören
Die Vibrosonic GmbH hat für die neue Hörkontaktlinse einen neuartigen Piezoaktor entwickelt. Das ist ein extrem dünner Schallwandler, der direkt auf dem Trommelfell aufgesetzt wird. Er sorgt dafür, dass der Träger ein breiteres Klangspektrum und ein verbessertes Richtungshören wahrnimmt. Dies wird dadurch erreicht, dass sich Mikrofon und Lautsprecher in unmittelbarer Nähe zum Trommelfell befinden.
Neuartige Mikrobatterie liefert die Energie
Für die Energieversorgung der Hörkontaktlinse ist zudem eine neuartige Mikrobatterie entwickelt worden. Handelsübliche aufladbare Batterien sind für den Einsatz in der Hörkontaktlinse zu groß. Die Mikrobatterie der Vibrosonic GmbH ist aus dünnen Siliziumwafern mit Glas Carrier. „Eine seit Jahren etablierte Lösung sind Dünnfilmbatterien. Jedoch sind diese in der Dicke der aufgebrachten Schichten und damit in der Stromspeicherkapazität begrenzt. Eine neue Ein-Quadratmillimeter-Batterie stellt rund zehn Mikro-Ampere-Stunden Energie zur Verfügung“, sagt Dr. Robert Hahn, Gruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM.
Markteintritt in Deutschland 2021 erwartet
Schon sehr bald beginnen klinische Erprobungen der Hörkontaktlinse mit ca. zwanzig Probanden. Die für Medizinprodukte obligatorische CE-Kennzeichnung erwarten die Entwickler Mitte des kommenden Jahres. Der Markteintritt in Deutschland könnte dann 2012 erfolgen, weitere europäische Länder folgen anschließend. „Im gelungenen Zusammenspiel vieler Projektpartner ist eine innovative Lösung entstanden, die weit über die Grenzen Deutschlands hinaus für Aufsehen sorgen wird. Mit dem Beispiel der Hörkontaktlinse unterstreicht Deutschland seine weltweit führenden Position in der Mikrosystemtechnik“, sagt der ehrenamtliche VDE-Experte Prof. Klaus-Dieter Lang, der zugleich Chairman des VDE/BMBF-MikroSystemTechnik-Kongresses ist, dem wichtigsten deutschsprachigen Kongress auf dem Gebiet der Mikroelektronik.
Die Projektpartner
Die folgenden Partner sind am Projekt beteiligt:
- auric Hörsysteme GmbH & Co. KG
- Vibrosonic GmbH
- Universität Tübingen, HNO-Klinik Tübingen
- Fraunhofer IPA
- Forschungsschwerpunkt Technologien der Mikroperipherik (TU Berlin)
- Fraunhofer IZM
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