Mit Ökodesign und Energielabel: EU-Regulierung soll Mobiltelefone und Tablets nachhaltiger machen
Zur umweltverträglicheren Gestaltung von Mobiltelefonen und Tablets veröffentlicht die Europäische Kommission im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft zwei Regulierungsentwürfe mit einem umfassenden Katalog an Ökodesign-Maßnahmen. Zusätzlich wird damit das aus dem Bereich der Haushaltsgeräte bekannte EU-Energielabel erstmals für Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik einführt. Die neuen Richtlinien basieren unter anderem auf Untersuchungen der Nachhaltigkeits-Expert*innen vom Fraunhofer IZM und werden auf der IFA diskutiert.
Im Einklang mit den Zielen des europäischen Green Deals wird die Umsetzung von effizienter Ressourcennutzung in der Elektronik für Herstellende und Konsument*innen immer sichtbarer. Damit sichergestellt werden kann, dass Mobiltelefone und Tablets den Prinzipien des Ökodesigns entsprechen, unterstützt das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM die Europäische Kommission bereits seit über zweieinhalb Jahren bei der Ausgestaltung der Anforderungen. Das Fundament dabei bilden umfassende Analysen der technischen Machbarkeit sowie der ökologischen und ökonomischen Auswirkungen. Daraus entstanden sind Optionen zur gesetzlichen Regulierung, die nun in den Entwürfen konkretisiert wurden.
„Smartphones bieten sicherlich nicht die notwendigen Potenziale für große Energieeinsparungen, doch eine bessere Energieeffizienz trägt dazu bei, den Akku seltener laden zu müssen. Da dieser mit der Anzahl der Ladezyklen altert, wird durch eine bessere Energieeffizienz maßgeblich zur längeren Lebensdauer des gesamten Geräts beigetragen – und das ist der wesentliche Hebel der Energieeffizienzkennzeichnung.“, erklärt Karsten Schischke, Ökodesign-Experte vom Fraunhofer IZM. Auf den Erkenntnissen seiner Forschungsgruppe beruhen die zwei zentralen Säulen der EU-Richtlinienentwürfe, das Energielabel und das Ökodesign.
Die neuen Energielabel für Smartphones und Tablets werden nicht nur bereits bekannte Energieeffizienzklassen darstellen, sondern erstmals eine EU-weite Klassifizierung der Reparierbarkeit und Angaben zur Zuverlässigkeit mit den Kriterien Batterielebensdauer, Staub- und Wasserdichtigkeit sowie Robustheit im Falltest beinhalten.
Die zweite Initiative bezieht sich auf das Ökodesign und stellt das so genannte Recht auf Reparatur, die Steigerung der Transparenz für Endverbraucher*innen und das Recycling in den Vordergrund. Das „Right to Repair“ wird bereits seit Jahren von Umwelt- und Verbraucherverbänden gefordert und ist, im Koalitionsvertrag verankert, auch ein Ziel der Bundesregierung. Mit den vorgelegten Regulierungsentwürfen wird dieses mit weitreichender Ersatzteilverfügbarkeit, einem Produktdesign, das Reparaturen erleichtert und der Verfügbarkeit von Reparaturanleitungen für Mobiltelefone und Tablets EU-weit umgesetzt.
Für Smartphones sieht die Anforderung vor, dass Nutzer*innen den Akku selbst austauschen können, es sei denn, dieser hält mindestens 1000 Ladezyklen und das Gerät ist entsprechend der IP67-Norm wasserdicht – doch auch in diesem Spezialfall muss der Akku für professionelle Reparateure austauschbar bleiben.
Als Mindestmaß wurde eine Akku-Lebensdauer von 500 Zyklen festgelegt, die in Zukunft bei allen Geräten einzuhalten ist. Zusätzlich sollen Nutzer*innen jederzeit den Gesundheitszustand des Akkus abfragen können, um beurteilen zu können, ob eine verringerte Akkulaufzeit tatsächlich auf die Alterung des Akkus zurückzuführen ist. Auch beim Kauf eines Gebrauchtgeräts sollen verlässliche Informationen über den Zustand des Geräts transparent sein. Karsten Schischke betont: „Die Regulierung zielt durch ambitionierte Anforderungen im Bereich der Reparierbarkeit und Haltbarkeit auf eine Verlängerung der Produktlebensdauer ab: Für eine Schonung der Ressourcen ist es besser, wenn es gar nicht erst zu einem Reparaturfall kommt.“
Um die Wiederverwendbarkeit der Geräte zu steigern, sollen Nutzer*innen zukünftig volle Kontrolle und Absicherung haben, dass nach der Abgabe ihres Geräts eine Daten-Entschlüsselung nicht mehr möglich ist. Dadurch können Bedenken zum Verbleib privater Daten auf Geräten aufgelöst werden und die Vielzahl ungenutzter Alt-Handys – nach Angaben des Digitalverbands Bitkom etwa 200 Millionen in deutschen Haushalten – zurück zur Anwendung finden.
Sollte der Entwurf unverändert in Kraft treten, werden zudem Systemverbesserungen inkludiert: Konkret handelt es sich um die Bereitstellung von Updates des Betriebssystems für mindestens drei Jahre und Sicherheitsupdates des Betriebssystems für 5 Jahre. Diese Zeiträume gelten jeweils ab dem letztmaligen Inverkehrbringen eines Modells. Gleichzeitig werden Hersteller verpflichtet sicherzustellen, dass die Updates nicht zu Leistungseinbußen der Geräte führen.
Für eine erhöhte Transparenz beim Konsum enthält der Regulierungsvorschlag auch Informationsanforderungen zum Gehalt kritischer Rohstoffe.
Voraussichtlich werden die Regulierungen bis Anfang 2023 verabschiedet, so dass sie nach einer vergleichsweise kurzen Übergangsfrist von circa zwölf Monaten greifen werden. Beide Regulierungen sind seit dieser Woche unter den folgenden Links veröffentlicht:
- Designing mobile phones and tablets to be sustainable – ecodesign
- Energy labelling of mobile phones and tablets – informing consumers about environmental impact
Die Maßnahmenvorschläge beruhen auf der EU-Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG (EU Ecodesign Directive 2009/125/EC) und der EU-Verordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung (EU) 2017/1369 (EU Energy Labelling Regulation (EU) 2017/1369).
Auch auf der IFA in Berlin vom 02.-06. September werden die kommenden Regulierungen ein Thema sein: Das Fraunhofer IZM informiert und stellt Forschungsergebnisse zur Nachhaltigkeit von Mobilgeräten in Halle 20 vor. Das Testprozedere zur Bestimmung der Energieeffizienzklassen wird von der Firma SmartViser entwickelt und ebenfalls auf der IFA demonstriert.
Letzte Änderung: