Studie zum Strombedarf und Carbon Footprint der IKT in Deutschland

Projekt Neuigkeit Januar 2024

Gegenstand und Zielstellung der Studie

In der aktuellen Studie werden umweltbezogene Auswirkungen der Herstellung und Nutzung von IKT über einen Zeitraum von 2013 bis 2033 modelliert. Der Energie- und Ressourcenbedarf der Herstellung der in Deutschland genutzten IKT wird als Carbon Footprint berechnet und dabei die globale Zulieferkette reflektiert. Für die energieintensive Nutzungsphase werden sowohl der elektrische Strombedarf als auch der Carbon Footprint in Abhängigkeit des sich jährlich ändernden Energiemix quantifiziert.

In das Modell fließt ein komplexes Gerätebestandsmodell ein, welches technologische und marktbezogene Entwicklungen abbildet. Das erfasste Produktspektrum beinhaltet IKT-Geräte und Anlagen in den deutschen Telekommunikationsnetzen, in Rechenzentren, in privaten Haushalten, in Büros und Gewerbe sowie (in der nächsten Iteration) in öffentlichen Räumen und Industrieanwendungen.

Steigender Energiebedarf und Carbon Footprint bei der Nutzung von IKT

Die vorliegenden Berechnungsergebnisse zeigen eine aktuelle Trendwende beim Strombedarf der IKT. Nach einer relativ konstanten Phase steigt der jährliche Strombedarf der IKT seit 2021 von ca. 35 TWh auf über 50 TWh in 2033 wieder spürbar an. Primär tragen die Rechenzentren zu diesem Anstieg bei. Der cloudbasierte Bedarf hinsichtlich der Verarbeitung, Speicherung und Übertragung von Daten steigt mit fortschreitender Digitalisierung. Virtuelle Welten und Künstliche Intelligenz halten den Anstieg des Datenvolumens konstant. Und gleichwohl die bestehenden IT-Systeme besser ausgelastet werden, die Kühl- und Stromversorgungsinfrastrukturen optimiert und der technische Fortschritt im Bereich der Mikroelektronik und Photonik anhält, kann der Trend nicht mehr wie in der Vergangenheit kompensiert werden und daher nimmt der Strombedarf der Rechenzentren mittelfristig deutlich zu.

Bei den Telekommunikationsnetzen haben wir einen ähnlichen Trend. Allerdings kann hier die Technologieentwicklung und insbesondere die Photonik weitaus besser zur Kompensation beitragen. Bei den Telekommunikationsnetzten kann insbesondere durch den Rückbau veralteter Technologien, der Energiebedarf auch immer wieder kurzzeitig reduziert werden. Zwar werden viele Telekommunikationsnetze auf Peak-Performance ausgelegt und könnten potenziell zu einem substanziellen Anstieg des Strombedarfs beitragen, in der Praxis zeigen sich allerdings Möglichkeiten zu einer verbesserten Lastadaptivität, was langfristig den datengetriebenen Anstieg durchaus gut kompensieren kann.

Der nutzungsbedingte Strombedarf der IKT-Geräte in den privaten Haushalten hat in den letzten zehn Jahren abgenommen. Der bisherige technische Fortschritt und gesetzliche Vorgaben der Europäische Ökodesign-Richtlinie sind Gründe dieses positiven Trends. Die technische Entwicklung der privaten IKT-Geräte und die intensivere Cloud-Nutzung bewirken eine Veränderung des Bestandes. Mittelfristig wird der Strombedarf entsprechend der Modellierung wieder etwas zunehmen. Größere Fernseher und Displays mit höherer Auflösung sowie Router und drahtlose Kommunikation sind Ursachen für den potenziell steigenden Strombedarf.

 

IKT Studie - Folie 2
© Fraunhofer IZM

Der Carbon Footprint der Nutzungsphase steht in unmittelbarer Wechselwirkung mit dem Strombedarf. Der Carbon Footprint wird in den kommenden Jahren steigen, wenn die Carbon Intensität der Stromerzeugung – der deutsche Energiemix – konstant bleibt oder nur wenig verbessert. Die künftige Entwicklung ist aktuell nicht gut zu prognostizieren. Die Auswirkungen der substanziellen geopolitischen Veränderungen, die mit dem Krieg in der Ukraine stark beschleunigt wurden, deuten sich gerade erst an. Es ist abzuwarten, mit welcher Geschwindigkeit und welcher Form die Energiewende realisiert wird. Vor diesem Hintergrund werden für die Prognose drei Szenarien mit unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung des deutschen Energiemix berechnet.

In der aktuellen Version der Prognose wird der jeweilige Energiemix über alle Anwendungsbereiche angewendet. In der Realität kaufen Privatpersonen, Rechenzentrumbetreiber und Telekommunikationsunternehmen aber vermehrt Strom aus erneuerbaren Energien. Die genaue Verteilung der „Grünstromnutzer“ ist den Autoren der Studie nicht bekannt. Daher kann es zu einer nicht unerheblichen Verzerrung des Ergebnisses führen. In diesem Zusammenhang sein nochmals darauf hingewiesen, dass der Strombedarf der IKT mittelfristig wieder zunimmt und Grünstrom zwar den Carbon Footprint der IKT verbessert, aber auf alle Sektoren bezogen, nur eine bedingte Verbesserung darstellt, da die IKT auch erneuerbare Energien bindet und Bedarf nicht absenkt.

Für die Carbon Footprint Berechnung werden folgende drei Annahmen zur Entwicklung des Energiemix getroffen:

Szenario 1: Eine konservative Entwicklung mit einer stufenweisen Absenkung des Strommix von 434 gCO2e/kWh (2022) auf 380 gCO2e/kWh (2030).
Szenario 2: Eine progressive Entwicklung zur Erreichung des Klimaschutzziels der Bunderegierung mit einer stufenweisen Absenkung des Strommix von 434 gCO2e/kWh (2022) auf 280 gCO2e/kWh (2030)
Szenario 3: Eine ambitionierte Entwicklung zur Umsetzung der Energiewende mit einer stufenweisen Absenkung des Strommix von 434 gCO2e/kWh (2022) auf 145 gCO2e/kWh (2030)

IKT Studie - Folie 1
© Fraunhofer IZM

Der Carbon Footprint der Herstellung von IKT

Die Herstellung von halbleiterbasierten Schaltkreisen (ICs), Displays und Leiterplatten sind energie- und ressourcenintensiv. Insbesondere die anspruchsvolle Fertigung von Mikroelektronik in Reinräumen erzeugt Umweltlasten. Der Energiemix bei der Rohstoffgewinnung und am Produktionsstandort beeinflussen den Carbon Footprint. Da der Großteil der in Deutschland genutzten IKT im Ausland hergestellt wird, wurden für die Berechnung globale GWP-Werte angesetzt. Das Berechnungsmodell berücksichtigt den hardwarebasierten Aufbau und Technologiegenerationen der einzelnen IKT-Geräte. Es werden maßgeblich die Herstellung der unterschiedlichen Arten von ICs, die Komplexität und Lagenzahl von Leiterplatten, verschiedene Arten von Konnektoren sowie Massenmaterialien für Kühlkörper oder Gehäusewerkstoffe berücksichtigt.

Aktuell beträgt der herstellungsbedingte Carbon Footprint etwa 35% von an den Gesamtemissionen. In Abhängigkeit der Gerätekategorie kann die Herstellung 20% wie bei einem Server oder 80% wie bei einem Smartphones betragen, Die wachsende Zahl IC-basierter Speicher (DRAM und NAND) aber auch große Displays bewirken einen Zuwachs des Carbon Footprints in den kommenden Jahren. Dieser Trend könnte durch eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien bei den Herstellern etwas kompensiert werden. Des Weiteren wirkt sind die Produktlebensdauer auf das Berechnungsergebnis aus, da beispielsweise eine kurze Lebensdauer nicht nur zu einem anteilig hohen Carbon Footprint der Herstellung führt, sondern auf den Bestand gerechnet, schneller erneuert werden muss und so kumuliert.

*Stand 11/2023: Modellversion ICT_CF_D_Mod_23-2

Kleine Bauteile mit großer Wirkung

Mehr Nachhaltigkeit in der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) durch mikroelektronische Forschung und Entwicklung.

Die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums »Green ICT @ FMD« haben in einer neuen Studie Prognosen für den zukünftigen Klima-Impact der IKT in den Anwendungsbereichen Rechenzentren, Telekommunikation sowie Haushalt erarbeitet.

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Schaubild Carbon-Footprint Entwicklung IKT in Deutschland
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