Halb Mensch, halb Maschine: Fraunhofer IZM in der Ausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“
Wie können bionische Komponenten wie Biochips und Biosensoren in den menschlichen Körper integriert werden? Können elektronische Implantate im menschlichen Körper bald Funktionen übernehmen, die bisher Maschinen vorbehalten waren, und so Krankheiten behandeln? Forschende des Fraunhofer IZM aus der Gruppe „Technologien der Bioelektronik“ bejahen diese Zukunftsvisionen und entwickeln schon seit einigen Jahren solche Technologien. In einer aktuellen Ausstellung wird der Demonstrator „Menschmaschine“ ab dem 16. Juni 2023 in der Charité in Berlin ausgestellt.
Mikroimplantate zur Behandlung von Krankheiten wie Arthritis, Asthma oder Parkinson oder die Entwicklung von Computerhardware, die von den „Schaltkreisen“ des Gehirns inspiriert ist, sind nicht mehr nur Inhalte von Science-Fiction-Filmen, sondern werden in laufenden oder bereits abgeschlossenen Projekten realisiert. Medizin- und Kommunikationsanwendungen verbinden sich mehr und mehr mit menschlichem Gewebe. Das physische Interface der „Maschinen“ verschwindet zunehmend und die funktionale Elektronik kann zukünftig direkt in den Körper implementiert werden. Sind wir Menschen dann schon Maschinen oder die Maschinen bereits Menschen?
Wenn das Gehirn zur Festplatte wird
Diesen und weiteren Fragen will sich die Ausstellung „Das Gehirn in Wissenschaft und Kunst“, organisiert und kuratiert durch die Charité Berlin, zuwenden. In der Ausstellung treffen Kunst, Kulturgeschichte und Wissenschaft aufeinander und geben den Besucher*innen einen umfangreichen Einblick in den Stand der aktuellen Forschung rund um das größte Rätsel des menschlichen Körpers: Das Gehirn. Die Ausstellung startet am 16. Juni 2023 und kann hier besucht werden. Weitere Informationen finden Sie hier
An der Ausstellung ist das Fraunhofer IZM als Kooperationspartner beteiligt und stellt ein Exponat in Form eines Cyborg-Kopfes aus dem Bereich der neuronalen Forschung vor. Um die Technologien der Fachgruppe „Technologien der Bioelektronik“ für die Öffentlichkeit sichtbarer und verständlicher zu machen, haben die Forschenden schon 2018 den Demonstrator in Zusammenarbeit mit dr jones laboratories und SmirkMasks entworfen und umgesetzt. Die externen Expert*innen aus Berlin, die u. a. auch Masken für Sido oder andere Künstler*innen herstellen, haben zusammen mit den Forschenden ein eindrucksvolles Exponat geschaffen. Das Objekt verfügt über zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten von Lichteffekten und mehreren Visualisierungen von möglichen Implantaten, die das Fraunhofer IZM für diverse Messen (u. a. SMTconnect 2018) und Ausstellungen (z. B. Bundeskunsthalle Bonn 2022) bereits eingesetzt hat.
Ulf Oestermann, einer der Mitwirkenden am Demonstrator des Fraunhofer IZM, fasst zusammen: „Die Vorstellung, dass wir die Informationen um und in uns direkt auf unsere Rezeptoren in den betreffenden Hirnarealen ‚gespielt‘ bekommen können, so wie Daten auf eine Festplatte, ist schon interessant, aber auch erschreckend. Die Frage ist doch eher: Wie kann der Mensch in unsere digitalisierte Welt integriert werden?“ Die Kombination aus Hirn- und Mikroelektronikforschung kann hier einen wichtigen technischen Beitrag leisten.
Weitere Informationen zur Ausstellung und Tickets: https://www.bmm-charite.de/.
Mehr zur Forschungsgruppe „Technologien der Bioelektronik“
Auf den ersten Blick scheinen die beiden Fachgebiete Biologie und Elektronik nicht viele Gemeinsamkeiten zu haben. Während sich die Biologie mit den Bausteinen des Lebens wie Zellen und Proteinen beschäftigt, werden in der Elektrotechnik Chips und Transistoren erforscht. Eine besondere Gemeinsamkeit verbindet jedoch beide: Zur Informationsverarbeitung werden sowohl in Schaltkreisen als auch in biologischen Systemen elektrische Impulse genutzt. Zum Beispiel sind im Gehirn des Menschen etwa 100 Milliarden Zellen miteinander verknüpft und über biochemische und elektrische Verbindungen vernetzt. Die Bioelektronik bildet hier die Brücke zwischen den Bereichen.
Ein vielversprechendes Anwendungsgebiet stellt dabei die Gesundheits- und Medizintechnik dar. Verletzungen und Krankheiten, die bisher als unheilbar galten, könnten durch diese neuen Technologien und Methoden behandelt werden, zum Beispiel durch künstliche Netzhäute, Prothesen oder Implantate, die direkt vom Nervensystem der Patient*innen gesteuert werden können. Das Fraunhofer IZM hat mit seiner Fachgruppe „Technologien der Bioelektronik“ hier Erfahrungen aufgebaut, um diese Schlüsseltechnologie weiterzuentwickeln und zu unterstützten.
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